Die schöne Herbstfärbung der Blätter erinnert mich an unsere Hochzeitsreise vor einigen Jahren in den Südstaaten der USA. Vor sehr, sehr langer Zeit habe ich den Krimi "Sündige Seide" von Sarah Brown gelesen. Die Geschichte spielte in New Orleans und während sich die Hauptcharaktere trotz der Morde drumherum ineinander verliebten, habe ich mich in New Orleans verliebt. Es wurde im Buch so lebendig und realistisch beschrieben, dass ich es riechen, schmecken und hören konnte. Ich wollte unbedingt mal hin, als Jazz-Liebhaber für meinen Mann und mich ohnehin ein Muss. Nachdem wir wetterbedingt unsere geplante Hochzeitsreise von Kanada auf USA ändern mussten, habe wir uns diesen kleinen Traum erfüllt und wurden nicht enttäuscht.
Wir haben New Orleans einige Jahre nach den Verwüstungen durch Hurrikane Katrina besucht. Viele Touristen haben sich derzeit beklagt, dass es ihnen zu dreckig und unaufgeräumt sei. Wer sich an diese verheerende Naturkatastrophe erinnert, kann sich vorstellen, dass es manchmal auch einige Jahre braucht, bis "Normalität" wieder hergestellt werden kann. Aber, auch wenn New Orleans besonders hart betroffen war und immer noch sehr viele kleine Schönheitsfehler hat, hat all das dem Charme der Stadt keinen Abbruch getan. Ich kann nicht einmal sagen, was es genau ist. Vielleicht ist es diese Lässigkeit, die ich in anderen amerikanischen Städten so nicht kennengelernt habe. Eine Leichtigkeit, die den Moment genießen lässt, trotz der vielen sozialen Konflikte, die fortwährend aus der Vergangenheit in die Gegenwart getragen werden. Vielleicht ist es aber auch die Musik, die einen die Sorgen vergessen lässt. Während es mittags etwas ruhiger zugeht, kann es passieren, dass die Ruhe abrupt beendet wird. Spontan finden sich einige Jazz-Musiker zusammen, die voller Lebensfreude paar schnelle Nummern spielen, bevor sie genauso schnell wieder verschwinden.
Während man woanders in USA seinen Alkohol in braunen Papiertüten verstecken muss, schlendert man in New Orleans durch die Straßen und Gassen vom French Quarter und genießt seinen Mint Julep, als wäre es das Normalste auf der Welt. Und was könnte Big Easy besser beschreiben, als die Bourbon Street. Man nennt sie auch berüchtigt, doch ich würde eher sagen, dass vor allem auf der Rue Bourbon Geschichte auf Gegenwart trifft und die große Unbeschwertheit zu Hause ist. Neben Etablissements, bei denen der Rest der Vereinigten Staaten rote Ohren bekommt, reihen sich gute Clubs, Jazz und Cocktail Bars aneinander und versprechen vor allem Jazz-Liebhabern eine unvergessliche Zeit.
Auch kulinarisch ist New Orleans sehr spannend. Aus den vielen Restaurants duften die verschiedensten kreolischen und Cajun Gerichte, die der europäischen Nase irgendwie bekannt vorkommen und trotzdem verführerisch fremd riechen. Alleine schon beim Gedanken an Gumbo, Jambalaya, Rotbarsch, Flusskrebse, Rockefeller Oyster oder Brotpudding läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Einfache Gerichte, mit europäischen, karibischen, afrikanischen und hispanischen Einflüssen, die die Vielfalt der Menschen mit ihren Traditionen in der Region wiederspiegeln. Wer sich darauf einlässt, wird auf eine kulinarische Reise in die Vergangenheit eingeladen - Geschichte zum Schmecken!
Neben dem weltbekannten Karneval, ist New Orleans auch für seinen Voodoo bekannt. Es gibt sehr viele "Voodoo-Shops" und ein gutes Voodoo-Museum, das man auf jeden Fall besuchen sollte, wenn man ein bisschen auch die örtliche "Religion" und den Hintergrund verstehen möchte. Wer sich damit beschäftigt, wird auch schnell auf die Voodoo-Queen Marie Laveau stoßen, die wohl bekannteste Voodoo-Priesterin, die man auf dem bekannten Friedhof St. Louis Cementary heute noch (heimlich) um Rat und Hilfe bittet. Als wir in New Orleans waren, war der Friedhof noch frei zugänglich und gehörte zur "No-Go-Area". Schwer vorstellbar, weil wir hier wirklich sehr freundliche Menschen getroffen haben, mit denen wir schnell ins Gespräch gekommen sind. Auf der Gruft von Marie Laveau waren drei Kreuze zu sehen, die angeblich Wünsche erfüllen sollen und auf dem Boden lagen kleine Geschenke. Mittlerweile ist die Gruft weiß gestrichen und man darf den Friedhof nur mit lizensierten Führern betreteten. Es hört sich wahrscheinlich seltsam an, aber dieser Friedhof lädt zum Verweilen auf und strahlt eine würdevolle Ruhe aus. Auf Grund der Tatsache, dass der Friedhof in einem Sumpfgebiet gebaut ist, finden hier die Bestattungen oberirdisch statt, so dass der Friedhof wie eine kleine Stadt mit kleinen weißen Häusern ausschaut. Absolut sehenswert!
New Orleans hat aber weitaus mehr zu bieten als das French Quarter und das aufregende Ufer mit den großen Dampfschiffen am Missisippi. Wer Zeit und Lust hat, sollte sich in eins der nostalgischen St. Charles Streetcars setzen und auf gemütliche Art und Weise die Umgebung erkunden. Ihr könnt eure Touren damit einfach planen, sie fahren von der Innenstadt in fast alle Richtungen.
Uns hat es ganz besonders die Route Uptown und The Garden District angetan. Unglaublich prachtvolle und einzigartige Villen und Häuser, umsäumt von uralten Bäumen und wunderschön angelegten Gärten, haben uns mit ihrem Südstaaten-Charme immer wieder zum Staunen gebracht. Sogar die Gourmet Restaurants und Bars sind sehr distignuiert und ein krasser Kontrast zum bunten Treiben im French Quarter. Als wäre man nach paar Minuten Fahrt mit der Straßenbahn in einer anderen Welt gelandet.
Für uns, als passionierte Geocacher, bot die Stadt natürlich auch sehr viele spannende Geocaches. Der wohl allerbeste war jedoch ein Cache an der Canal Street, der mittlerweile leider deaktiviert ist. Der Cache-Inhaber arbeitete in einem Business-Gebäude und hat uns persönlich am Empfang abgeholt und auf das Dach des Gebäudes begleitet, wo wir den Cache loggen und den Ausblick genießen konnten. Es war einfach atemberaubend, wie man vom Dach aus auf ganz New Orleans, über das French Quarter und dem Mississippi River hinaus bis zum Meer schauen konnte.
Ihr merkt sicherlich, diese Stadt hat es mir richtig angetan. Ich könnte noch Stunden erzählen, aber dafür haben wir wohl alle nicht die Zeit. Was ich aber nicht unerwähnt lassen will, ist ein kurzer Trip außerhalb der Stadt. Den sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen, wenn man in der Nähe ist. Nach ungefähr einer Stunde Autofahrt kommt man zu den Louisiana Plantagen. An der Great River Road befindet sich die wohl wunderschönste und größte, nach ihrer prachtvollen Eichenallee benannt - die Oak Alley Plantage. Wie die meisten Plantagen in den Südstaaten, hat auch Oak Alley eine bewegende Geschichte und diente oft als Filmkulisse. So kann man sich bei einer Tour in einem unglaublich schönen Herrenhaus von dem luxoriösen Leben der Herrschaften ein Bild machen. Zu diesem Bild gehören auch die bescheidenen Hütten der Sklaven, die mit ihrer harten Arbeit dieses pompöse Leben der anderen erst möglich gemacht haben. Im Anschluss daran haben wir uns einen stillen Ort auf der Plantage gesucht und voller Demut alles auf uns wirken lassen. Es ist gut, dass manche Zeiten vorbei sind - zumindest hier auf der Plantage.
Diese unterschiedlichen Welten zeichnen New Orleans besonders aus, wie wahrscheinlich jede US-amerikanische Stadt in den Südstaaten. An einem Ende eine reiche, priviligierte und abgehobene Gesellschaft, mit ihrem zur Schau gestellten Wohlstand. Am anderen Ende bitterarme Viertel, die durch den Hurrikan Katrina noch ärmer wurden. Die aktuelle politische Lage zeigt noch einmal die Zerrissenheit des Landes, die verhärteten Fronten, wie ich sie auch in Europa leider zunehmend wahrnehme. Umso wichtiger scheint mir in diesen Zeiten diese sorglose und versöhnliche Unbeschwertheit, die ich damals in New Orleans kennengelernt habe: "Laissez les bon temps rouler". Lasst die guten Zeiten rollen und lasst uns alle miteinander respektvoll und freundlich umgehen.
Alles Liebe
Mila
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